Wechselwirkungen zwischen Poesie und Wissenschaft durchziehen das Werk von Raoul Schrott. Wissenschaft bezieht sich hier einerseits auf die Verbindung einer poetologischen sowie wissenschaftlich-analytischen Vorgehensweise in Schrotts Reflexionen über das Wirken von Poesie. Andererseits wird die spezielle Bedeutung der Naturwissenschaften in Schrotts Werk behandelt.Der umfangreiche Themenkomplex wird in eben diese zwei Bereiche aufgespalten. Der erste Bereich umfasst Schrotts Forschung nach dem Wesen der Poesie, in der er eine Poetik mit Bezugnahme auf Erkenntnisse der Neurophysiologie bzw. -psychologie (Gehirn und Gedicht (2011)) entwickelt. Im zweiten Bereich geht es um den Dialog von Dichtung mit den Naturwissenschaften, der Schrotts Werk wesentliche Impulse gibt. In zahlreichen Gedichten (z. B. in der Sammlung Tropen (1998)) und in Prosatexten greift er naturwissenschaftliche Themen (aus der Quantenphysik, Kosmologie, Evolutionsbiologie usw.) auf und verarbeitet sie in poetischer Weise. Mit dem Großprojekt Erste Erde, dem eine umfangreiche Recherche- und Interviewtätigkeit zugrunde liegt, hat Schrott ein monumentales Werk vorgelegt, in dem er Beschreibungen von Begegnungen mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen mit einer poetischen Weltbeschreibung verknüpft. In beiden Bereichen steht im Mittelpunkt, an den Grenzen der Poetik bzw. an jenen der Empirik eine sich gegenseitig befruchtende Verbindung zu suchen. In der Analyse von poetischer und nicht-poetischer Metaphorik und von Vergleichen scheint Schrott sich Verbindungspunkten zwischen Poesie und Wissenschaft anzunähern.