Seminar zur österreichischen Gegenwartsliteratur in Japan オーストリア現代文学ゼミナール
Nava Ebrahimi
34. Seminar zur österreichischen Gegenwartsliteratur in Japan

第34回オーストリア現代文学ゼミナール

8. (Sa.) & 9. (So.) November 2025, Sophia-Universität, Tokyo
©Foto: Clara Wildberger
Nava Ebrahimi

Gast des 34. Seminars zur österreichischen Gegenwartsliteratur in Japan ist Nava Ebrahimi. Geboren im Iran und aufgewachsen in Deutschland, studierte sie Publizistik und Wirtschaftswissenschaften in Köln, arbeitete als Redakteurin für die Financial Times Deutschland und die Kölner StadtRevue und ist als Kommentatorin zu Themen der kulturellen Identität, (Nicht)-Zugehörigkeit und Gewaltverhältnisse tätig. Seit 2012 lebt und arbeitet sie in Graz. Ebrahimis Texte befassen sich häufig mit Migration, Exil, kultureller Dualität und Identität – insbesondere mit dem Spannungsfeld der Erfahrungen der zweiten Generation in deutschsprachigen Gesellschaften. Mit ihrer äußerst kunstvoll gebauten, Realismus und Sprachkunst versöhnenden Erzählung „Der Cousin“ gewann sie 2021 den Bachmannpreis.

Ebrahimis Protagonisten sind in der Regel nachdenklich, verwurzelt und doch distanziert und bewegen sich zwischen Zugehörigkeit und Entfremdung, Zeitgeistigkeit und Entrückung. Sie agieren zwischen Köln, Täbris, Bam und Teheran, New York, Dubai und München. Die Autorin verwebt introspektive Charakterstudien mit umfassenderen kulturellen Kommentaren, wobei sie oft Sprache (wie in ihrem Romandebüt „Sechzehn Wörter“) als strukturelle Metapher für Erinnerung und Identität verwendet. Hier zeigt sich deutlich der Einfluss der britischen Autorin Zadie Smith.

Der 2017 erschienene und auf jahrelangen Vorarbeiten beruhende Roman „Sechzehn Wörter“ folgt Mona, einer 30-jährigen Journalistin aus Köln, die mit ihrer „Mutter“ zur Beerdigung ihrer „Großmutter“ in den Iran reist. („Mutter“ und „Großmutter“ stehen hier deshalb in Anführungszeichen, weil die familiären Verhältnisse nicht so sind, wie sie scheinen.) Die Reise wird zu einer intensiven und in Bezug auf die Familiengeschichte fast detektivischen Erkundung von Identität, Wurzeln und generationenübergreifender Erinnerung im Spannungsfeld von Schah-Verehrung, kommunistischer Opposition und Leben unter einem Mullah-Regime. Ebrahimi strukturiert die Erzählung um sechzehn persische Wörter, die Monas Suche nach Herkunft und Zugehörigkeit in ihrem doppelten iranisch-deutschen Erbe verankern. Aufgewachsen ist Mona als assimilierte Deutsche mit iranischen Eltern, deren Muttersprache sie selbst nur mehr rudimentär beherrscht.

Im Mittelpunkt von Ebrahimis zweitem Roman – „Das Paradies meines Nachbarn“ – steht Ali Najjar, ein erfolgreicher iranisch-deutscher Produktdesigner in München, dessen sorgfältig (und zum Teil auf Halbwahrheiten und Lügen) aufgebautes Leben aus den Fugen gerät, nachdem die Nachricht eines Fremden Erinnerungen an seine Vergangenheit im Iran auslöst. Das Buch kreist um Themen wie Exil, Vertreibung, Versöhnung von Vergangenheit und Gegenwart, Mutterschaft und Opfer, schicksalhafte Verwechslung und das Nachleben iranischer Kindersoldaten.

Das Seminar wird auch Gelegenheit bieten, Nava Ebrahimis dritten Roman „Und Federn überall“, der kurz vor dem Seminar in diesem Herbst erscheint, zu diskutieren. (Text: onsem, unterstützt durch KI)

Das Seminar findet auch dieses Jahr wieder an der Sophia-Universität (Yotsuya-Campus, Bibliotheksgebäude, Raum L-821) in Tokyo statt, und zwar am 8. (Sa) und 9. (So) November. Der Campus ist erreichbar mit der JR Chūō-Linie, der Tokyo Metro Marunouchi-Linie and der Namboku-Linie / 5 Min. zu Fuß von der Station Yotsuya (Kōjimachi-Ausgang oder Akasaka-Ausgang). Details zur Anfahrt und Campus-Plan (Webseite der Sophia-U.).

Zitate

„Ich fühle mich als Deutsche, trage aber meinen persischen Garten in mir.“


„Geschichten von Verbundenheit und Verantwortung, Geschichten von Zugehörigkeit und Zusammenhalt, die einen viel stärkeren Sog ausüben können, solange wir nicht alles Menschliche in uns abgetötet haben.“

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • „Die Fahrt“ (Kurzgeschichte), in: 15. Open Mike. Allitera Verlag, München 11/2007
  • „Emine“ (Kurzgeschichte), in: Der Tagesspiegel, 04/2008 (online)
  • „Ali“ (Kurzgeschichte), in: Durch Tag und Nacht: Geschichten über Augenblicke der Nähe. Eine Anthologie. Zweitausendeins, Leipzig 2009
  • „Stiffel braucht“, in: literaturpreise exil 14, edition exil, Wien 2014
  • „Sechzehn Wörter“, Roman, btb / Random House, München 2017
  • 03/2019 Romanauszug „Ali-Reza“, in: manuskripte 223
  • „So hätte es nicht enden sollen“ (Essay), in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 31.3.2019
  • „Jung wird sie nicht bleiben“ und „Vor lauter Blech“, in: manuskripte 226, 2019
  • „Die Verwobenheit der Welt“ (Essay), in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 13.2.2020
  • „Das Paradies meines Nachbarn“, Roman, btb / Random House, München 2020
  • „Die Welt des Dazwischens“ (Rede), in: Guerilla der Aufklärung, < rotor > Graz 07/2020 (online)
  • Text zur Kunst „Das Nichts hätte ich mir kühler vorgestellt“ in: Lichtungen 163, 11/2020
  • Einander: Ein Buch, das Generationen verbindet., mit Illustrationen von Sabine Presslauer, Leykam, Graz 2021
  • Wer ich geworden wäre, wenn alles ganz anders gekommen wäre: Herkunft. Identität. Imagination, Literaturverlag Droschl, Graz 2024
  • Drei Tage im Mai. Gehalten als Rede zur Literatur am 25. Juni 2025 bei den 49. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt. (online)
  • Und Federn überall. Luchterhand Literaturverlag, München 2025

Auszeichnungen und Preise (Auswahl)

  • Finalistin beim Open Mike 2007
  • Zweitplatziert beim exil-Literaturpreis 2014
  • 2013/2014 Stipendium der Bayerischen Akademie des Schreibens
  • Debütroman „Sechzehn Wörter“ (März 2017 bei btb)
    • Ausgezeichnet mit dem Österreichischen Buchpreis 2017 in der Kategorie Debüt
    • Morgenstern-Preis 2019 des Landes Steiermark
    • Nominiert für den Klaus-Michael Kühne-Preis 2017
  • Eingeladen zum Festival „Neue Literatur“ in New York März 2018
  • Projektstipendium 2017/2018 des österreichischen Bundeskanzleramts für den zweiten Roman
  • Zweiter Roman „Das Paradies meines Nachbarn“ (Februar 2020 bei btb) ausgezeichnet mit dem Rotahorn-Literaturpreis 2020

Links

Weiterführende Informationen finden Sie auf Wikipedia und auf der Webseite des Verlags:

Programm
Sophia-Universität, Tokyo (Yotsuya-Campus, Bibliotheksgebäude, Raum L-821) 
Samstag, 08. November 2025
10:00Begrüßung
10:15Die Literatur von Nava Ebrahimi – ein Überblick Walter Vogl
11:00Lesung aus der Erzählung Der Cousin Nava Ebrahimi
11:15„Transnationale Literatur“ im deutschsprachigen Raum und Nava Ebrahimi Masahiko Tsuchiya
12:00Mittagspause
13:30Lesung 1 aus Sechzehn Wörter Nava Ebrahimi
13:45Sechzehn Wörter als Schlüssel zu einer verborgenen Welt – Die poetisch-politische Tragweite des Romans Sechzehn Wörter Shihoko Ora
14:30Lesung 2 aus Sechzehn Wörter Nava Ebrahimi
14:45Im Anfang war und bleibt das Wort – Bemerkungen des japanischen Übersetzers von Sechzehn Wörter Shinichi Sakayori
15:30Pause
15:45„Bisschen sehr dramatisch“: Eine Haltung gegen den Neo-Orientalismus? – Bemerkungen zur Literatur Nava Ebrahimis Kyoko Tokunaga
16:30Lesung aus Das Paradies meines Nachbarn Nava Ebrahimi
16:45Gespräch mit Nava Ebrahimi, im Anschluss Q&A-Session Cezar Constantinescu, Walter Vogl, Nava Ebrahimi
Sonntag, 09. November 2025
10:00Begrüßung
10:05Wandel, Verlust und Wiedergeburt – Zwischenmenschlichkeit als interkulturelle Ethik in Sechzehn Wörter Minami Miyashita
10:50Wer ich geworden wäre, wenn alles ganz anders gekommen wäre Nava Ebrahimi
11:05Pause
11:15Kommentar zu Hintergrund und Funktionen des Motivs „kindlicher Pietät“ in Nava Ebrahimis Roman Sechzehn Wörter Masanori Manabe
12:00Lesung 1 aus dem neuen Roman Und Federn überall Nava Ebrahimi
12:15Transkulturelle Welt im Kleinen – Personenporträts in Nava Ebrahimis Roman Und Federn überall Christian Zemsauer
13:00Lesung 2 aus Und Federn überall Nava Ebrahimi
13:15Ende des Seminars