33. Seminar zur österreichischen Gegenwartsliteratur in Japan
オーストリア現代文学ゼミナール
16. & 17. November 2024
Sophia Universität, Tokio
Mit Raphaela Edelbauer
„Fragmente des Mythos und der Aufklärung“ ー „Die Schrecken des Eises und der Finsternis“ als Nekrolog auf die Gescheiterten
Shihoko Ora

Christoph Ransmayrs erster Roman „Die Schrecken des Eises und der Finsternis“ (1984) besteht aus einer Vorrede sowie den 18 darauf folgenden durchnummerierten Kapiteln. In der Vorrede erklärt Ransmayr, der selbst auch Abenteurer ist, sein Bedürfnis, dieses Buch zu schreiben: Was ist aus den Abenteuern, die uns Leser früher einmal zu entlegensten Zielen hin geführt haben, geworden? Die Abenteurer haben sich mit den bestandenen Abenteuern nicht begnügt, sie mussten ihre Geschichten der Öffentlichkeit vorlegen, so dass insgeheim die Illusion entstanden ist, dass selbst das Entlegenste und Entfernteste zugänglich sei wie ein Vergnügungspark und die Welt kleiner geworden sei.
Die Illusion, die sich im Verlauf von Jahrtausenden zu einem Mythos verhärtet hat, sollte in diesem ersten Buch Ransmayrs durch zahlreiche Fehlschläge, und Todesopfer zerschlagen werden („Aber wer würde zu behaupten wagen, dass alle Qualen und Leidenswege der Passagensucher sinnlos gewesen seien? (…) Immerhin hatten sie (…) so doch der Wissenschaft gedient, der Zerstörung der Mythen vom offenen Polarmeer, der Mythen von Paradiesen im Eis. Und die Mythen zerstört man nicht ohne Opfer.“ S.94) Die Geschichten der Abenteurer mussten durch ihre Tode beziehungsweise ihr Verschwinden gegenüber dem Wunsch der Vollendung der harten Reise und des Erreichens des Paradieses Fragment bleiben. Ransmayr versucht, diese Geschichte des Scheiterns der Helden und ihrer namenlosen Begleiter als Fragment zu rekonstruieren.
In meinem Referat wird dieser Vorgang der Dekonstruktion vorhandener Mythen untersucht sowie ein neuer Anlauf zu einer literarischen Rekonstruktion der fragmentarisch gebliebenen Schriften der Abenteurer unternommen.

Christoph Ransmayr
Foto: Magdalena Weyrer
Freitag, 30. Oktober 2015
18:15Abendessen
19:45Flugversuche in der federleichten Sprachwelt — Eine EinführungKyoko Tokunaga
20:20Erste LesungChristoph Ransmayr
Samstag, 31. Oktober 2015
09:15Poetologie der Wüste - Eine Sprache für die abtretende Menschheit in Ransmayrs „Strahlender Untergang”Aya Kumeda
09:50„Fragmente des Mythos und der Aufklärung“ ー „Die Schrecken des Eises und der Finsternis“ als Nekrolog auf die GescheitertenShihoko Ora
10:30Pause
10:45Cultura facit saltus. Brüche und Umbrüche im Roman „Die letzte Welt”Leo Schlöndorff
11:25Christoph Ransmayrs Arbeit am Zeugen. Jean Améry und der Roman Morbus KitaharaKentaro Kawashima
12:00Mittagspause
15:00„Vom Erzählen erzählen“ – Über Christoph Ransmayrs narrative PoetikChristian Zemsauer
15:45Die unerreichbare „Wirklichkeit" als Ergebnis eines RekonstruktionsexperimentsYuri Yoshikawa
16:15Pause
16:30Schreiben und Reisen - Christoph Ransmayr im Gespräch mit Walter VoglChristoph Ransmayr & Walter Vogl
17:302. LesungChristoph Ransmayr
18:30Abendessen
20:00Christoph Ransmayrs Arbeiten für das TheaterItaru Terao
20:30„Odysseus. Verbrecher” - Ein Video
Sonntag, 01. November 2015
09:15Versuche zur Neu(er)findung einer alternativen Welt in „Morbus Kitahara” und „Atlas eines ängstlichen Mannes”Eberhard Scheiffele
10:00Der Erzähler als Ornithologe. Lesenotizen zum Birdwatching in „Atlas eines ängstlichen Mannes”Claus Telge
10:55Die Stimme der ZikadenLeopold Federmair
12:00SchlussworteChristoph Ransmayr