Politische Gedichte in „Sieben Meere“ von Karl Lubomirski
– Europa. Idee und Realitaet, Einheit und Zerrissenheit –
In der Gedichtsammlung „Sieben Meere“ finden sich mehrere Gedichte, in denen der Dichter Interesse an der gegenwärtigen Politik in Europa zeigt – ein Ausdruck seiner Sympathie mit den universellen Werten des Humanismus. Zuerst sollte ich meinen Blick kurz auf diese aktuellen Elemente richten. In meinem Referat werde ich jedoch auch Lubomirskis Verbindung mit der regionalen Tradition betonen, und zwar besonders aus der Sicht eines japanischen Forschers mittelhochdeutscher Heldenepen.
Auch wenn es nur durch meine persönliche Motivation zu legitimieren ist, werde ich Lubomirskis Gedichte in einem geopolitischen sowie historischen Kontext lesen. Im Zentrum steht dabei die Sage von Dietrich von Bern (Verona), dessen historisches Vorbild der Ostgoten-König Theoderich ist, der nach dem Untergang des Weströmischen Reiches als mächtiger germanischer Herrscher auch Norditalien regiert und versucht hat, die ehemalige weströmische politische sowie kulturelle Tradition wiederherzustellen. Dietrich von Bern war eine populäre Figur in Tirol. In Südtirol gelten heute sowohl Deutsch als auch Italienisch als offizielle Sprachen. Karl Lubomirski lebt seit Langem in Italien und sein dichterischer Sinn lässt sich nicht vom italienischen Kulturboden trennen. Seine Gedichte jedoch schreibt er auf Deutsch.
Einige Lubomirski-Gedichte werden in diesem Referat aus dem Grund erwähnt, dass sie uns an eine Art Sehnsucht nach der vergangenen politischen Einheit des antiken sowie des frühmittelalterlichen, lateinischen Europas erinnern. Dessen kulturelle Verbindung mit dem ehemaligen Weströmischen Reich wurde mit germanischer Innerlichkeit angereichert, die die vergängliche Gegenwart und augenblickliche Ewigkeit in einer paradoxen Art und Weise vereinigen könnte. In diesem Zusammenhang sollte ich wahrscheinlich auch Walther von der Vogelweide erwähnen.
(Noriaki Watanabe ist Altgermanist und Associate Professor an der Nihon Universität.)
Österreichisches Kulturforum Tokio | |
Freitag, 16. Dezember 2022 | |
15:00 | Begrüßung |
15:05 | GEDICHTE: Die Eisblumen der Erwartung - kurze Einführung in das Werk von Karl Lubomirski Walter Vogl |
15:40 | Erste Lesung Karl Lubomirski |
16:00 | Der Garten des Leonardo als Metapher des Ortes der Kunst Shihoko Ora |
16:30 | Zweite Lesung Karl Lubomirski |
16:40 | Politische Gedichte in Sieben Meere Noriaki Watanabe |
17:10 | Dritte Lesung Karl Lubomirski |
17:20 | Wo die Quellen der Welt in uns selber entspringen - Die Reisetexte von Karl Lubomirski Walter Vogl |
17:50 | Werkstattgespräch mit Walter Vogl und Karl Lubomirski |