Die Personen, die im Werk von Kaiser-Mühlecker auftreten, sind wortkarg, schweigsam und stumm. Statt ihre Gefühle sprachlich auszudrücken, verfallen sie in Sprachohnmacht. „Wenn schon heutzutage die Schriftsteller nichts mehr zusammenbrächten, ob denn nicht das Schweigen überhaupt besser sei, ob es an der Zeit liege.“ Das ist die Aussage der Hauptfigur im Roman Magdalenaberg. In meinem Vortrag möchte ich herausarbeiten, wie der Schriftsteller Kaiser-Mühlecker trotz der Schweigsamkeit der Figuren ihre Gedankengänge und ihre Gefühle zur Sprache bringt. Dabei möchte ich den Schwerpunkt meiner Betrachtung auf die Romanwerke Der lange Gang über die Stationen und Magdalenaberg legen. Die Sprachlosigkeit der Protagonisten gilt nur verbal. Die Figuren kommunizieren über Körpersprache. Die „Eigenartigkeit“ der Weltwahrnehmung der Figuren wird körperlich dargestellt. Angespanntheit und Verstimmungen werden mit klimatische und körperlich gespürten Kälte inszeniert. Die Kälte herrscht überall im Roman. Das Unwohlsein der eigenen Existenz wird als Juckreiz am Körper dargestellt. Für die abgekapselten Figuren ist die Haut die Grenze des Körpers, die das innere Gefühl von der Außenwelt trennt. Was wird passieren, wenn die Hautoberfläche nicht mehr als Grenze funktioniert? Im meinem Beitrag möchte ich Emotionen im Werk Kaiser-Mühleckers als haptische Vorgänge, als körperliche Berührungen betrachten. „Wer auf dem Land, auf einem Hof aufgewachsen ist, hat von Kindesbeinen an gelernt und lernen müssen, jede Bewegung im Augenwinkel, jede Veränderung eines Zustands sofort wahrzunehmen; Beobachtung und Aufmerksamsein in allem war notwendig, unabdinglich“ – Mit dieser ländlichen Aufmerksamkeit bringt Kaiser-Mühlecker die körperliche Verfassungen und Wahrnehmungen der auf dem Land lebenden Figuren präzise zur Sprache.