Seminar zur österreichischen Gegenwartsliteratur in Japan オーストリア現代文学ゼミナール
Masanori Manabe Metalepse, Ironie und Erinnerungskultur. Raphaela Edelbauers erster Roman Das flüssige Land und ihre Rede Zum Beispiel kein Fräuleinwunder

Raphaela Edelbauer hat bisher drei sehr verschiedenartige Romane veröffentlicht: Das flüssige Land (2019), DAVE (2021) und Die Inkommensurablen (2023), die auf der Ebene des Plots eines gemeinsam haben: Die Protagonistin bzw. die Protagonisten machen sich auf, ein Geheimnis zu lüften (das Rätsel einer mit dem Nachdenken über Heimat verflochtenen Familiengeschichte, das Welträtsel, das Enigma „Wirklichkeit“ sowie das nicht minder rätselhafte parapsychologische Phänomen kollektiver Träume). Dadurch wird die jeweilige Story vorangetrieben. Edelbauers Hauptfiguren sind einerseits fasziniert und andererseits abgestoßen von teils mysteriösen, teils dubiosen und teils wissenschaftlich fest untermauerten, meistens jedoch historisch realen Diskursen, die auf unsere Wahrnehmung der Welt und der Geschichte abfärben. Dabei beziehen sie sich fallweise auf nicht-lineare Zeitvorstellungen und machen auf verschiedenste Weise Erfahrungen, welche die Grenzen zwischen Realität und Fiktion überschreiten. In meinem Vortrag wird durch die Analyse des ersten Romans – Das flüssige Land – aufgezeigt, wie diese Inszenierung der Erkundungsreise der Protagonistin mit Hilfe der autofiktiven bzw. metafiktiven Erzählmethode (»Metalepse« im Sinne von Gerárd Genette) funktioniert. Auf sehr ironische Weise erschüttert die Autorin unseren Realitätssinn und vermittelt uns eine eigentümliche Erfahrung: Man wird sich bewusst, dass unser aller Leben in mehrere fremde, manipulierende Erzählungen und (historisch reale, oft erfundene, unter Umständen sogar verfälschte) Diskurse eingebettet ist. Diese erzählerische Taktik findet sich auch in einer sogenannten »Hetzrede« Raphaela Edelbauers (Zum Beispiel kein Fräuleinwunder, 2020). Sie wird parallel zum Roman gelesen und einer vergleichenden Analyse unterzogen.

Programm
Sophia Universität, Tokio
Samstag, 16. November 2024
10:00Begrüßung
10:15„Die Welt sortiert sich, indem sie sich der Sprache angleicht“ - Einführung ins Werk von Raphaela Edelbauer Walter Vogl
11:00Raphaela Edelbauer liest aus Entdecker - Eine Poetik Raphaela Edelbauer
11:15Flüssiger Übergang“ – Parallelen zwischen Raphaela Edelbauers Entdecker (2017) und Das flüssige Land (2019) Cezar Constantinescu
12:00Mittagspause
13:30Lesung 1 aus Das flüssige Land Raphaela Edelbauer
13:45Über die Verkörperung der vielschichtig ineinander verstrickten Erinnerungen in Das flüssige Land - besonders ihre persönliche sowie kollektive Verdrängung Noriaki Watanabe
14:30Lesung 2 aus Das flüssige Land Raphaela Edelbauer
14:45Metalepse, Ironie und Erinnerungskultur. Raphaela Edelbauers erster Roman Das flüssige Land und ihre Rede Zum Beispiel kein Fräuleinwunder Masanori Manabe
15:30Pause
15:45Raphaela Edelbauer liest aus DAVE Raphaela Edelbauer
16:00DAVE: Fiktion einer KI Christian Zemsauer
16:45Cezar Constantinescu und Walter Vogl im Gepräch mit Raphaela Edelbauer, inklusive Q&A-Session Raphaela Edelbauer
17:45Ende Tag 1
Sonntag, 17. November 2024
10:00Begrüßung
10:05Routinen der Wirklichkeit: einige Überlegungen und Gedanken zum Werk von Raphaela Edelbauer Clemens Lindner
10:45Raphaela Edelbauer liest aus Der Suizid des Otto Weininger aus der einzig anständigen Perspektive erzählt Raphaela Edelbauer
11:00Pause
11:15Mord oder Selbstmord? Über die revisionistisch-detektivische Schreibweise von Raphaela Edelbauers Otto Weininger- Erzählung Shihoko Ora
12:00Lesung aus Die Inkommensurablen Raphaela Edelbauer
12:15Mathematiker als Schlafwandler - Zum „Möglichkeitssinn“ in Raphaela Edelbauers Roman Die Inkommensurablen Minami Miyashita
13:00Lesung Raphaela Edelbauer
13:20Ende des Seminars