Wäre “Spaltkopf” ein Ort, gäbe es dort vielleicht eine lokale kulturelle Schizophrenie: Widersprüche, Schichten, Erdkrusten aufzudecken. Julya Rabinowichs Theaterinstallation Orpheus im Nestroyhof (2008) verhandelt die Vergangenheit des Theaters am Wiener Nestroyplatz, eines 1898 erbauten Jugendstilhauses. Lange nach dem Krieg wurde in einer Zwischenetage ein Balkonraum gefunden, der erinnert, dass dies einmal ein Ort der Jüdischen Künstlerspiele war. Seit der Wiedereröffnung 2009 trägt das Haus den Beinamen Hamakom von hebr. ha makom, „der Ort“. Orpheus’ Abstieg verkörpert die Begegnung mit einer Archäologie der Gedächtnisse: Der Sänger erscheint in Rabinowichs Installation in Gestalt unterschiedlicher Laute und Stimmen, einer Geistertrompete, zweier sich überlagernder Stimmen. Eine wispert: „sag mir wer Du bist“ — „ich hab’s vergessen“; die s-Laute aus der Trompete ziehen sich in die Menschenstimme. Welche Unterwelten erscheinen im Werk Rabinowichs, wie sind sie verbunden mit Migrationsgeschichten, der Shoa, der Nachkriegszeit? Wie wird der Kontakt zwischen den Welten Diesseits und Jenseits durch Klang, Geräusch und Sprache vermittelt?
Nora Zapf, seit 2018 Postdoc für Lateinamerikanistik an der Universität Innsbruck. Habilitationsprojekt mit dem Titel „Absteigen als Erzählen. Unterweltreisen in der lateinamerikanischen Prosa“. 2017 Dissertation zum Thema Atlantische Lyrik an der Komparatistik der LMU München.
Zoom-Seminar | |
Samstag, 11. Dezember 2021 | |
16:00 | Begrüßung Masahiko Tsuchiya |
16:05 | Literarische Psychogramme aus dem Labyrinth der Globalisierung. Zum Werk von Julya Rabinowich. Natalia Blum-Barth |
16:25 | Diskussion |
16:35 | Gibt es einen "Spalt in der Dichtung", ein außerhalb der Sprache? Figuren der Heimsuchung und des Einfindens in Julya Rabinowichs Spaltkopf-Text. Thomas Wallerberger |
16:55 | Diskussion |
17:05 | Orpheus - gespaltene Orte Nora Zapf |
17:25 | Diskussion |
17:35 | Diskussion in Breakoutrooms mit den Vortragenden |
17:50 | Pause |
18:00 | Elisabeth Scharangs Film Herzjagen als „Antwort“ auf die Herznovelle Cezar Constantinescu |
18:20 | Diskussion |
18:30 | Wer ist Baba Yaga? Yutaka Kunishige |
18:50 | Diskussion |
19:00 | Diskussion in Breakoutrooms mit den Vortragenden |
19:15 | Pause |
19:30 | Kurze Einführung und Lesung Julya Rabinowich |
Sonntag, 12. Dezember 2021 | |
16:00 | Alma Mahler-Werfel und die Folgen Leopold Federmair |
16:20 | Diskussion |
16:30 | Alma in Krötenliebe Christian Zemsauer |
16:50 | Diskussion |
17:00 | Diskussion in Breakoutrooms mit den Vortragenden |
17:15 | Pause |
17:30 | Über „Dazwischen: ich“ von Julya Rabinowich Naoko Hosoi |
17:50 | Diskussion |
18:00 | Die Faszination der femme fatale in Rabinovichs „Krötenliebe“ Lina Bittner |
18:20 | Diskussion |
18:30 | Diskussion in Breakoutrooms mit den Vortragenden |
18:45 | Pause |
19:00 | Werkstatt-Gespräch und Lesung Julya Rabinowich |