Seit der literarischen Moderne wird das Leben des kleinen Angestellten immer wieder zum Thema. Daniel Wissers Roman Standby stellt einen kleinen Angestellten im postindustriellen Zeitalter vor. Lebten die Angestellten der Moderne in Hans Falladas Kleiner Mann, was nun? in materieller Not und wies Siegfried Kracauer in Die Angestellten auf deren ideelle Not hin, konfrontiert Standby mit der emotionalen Not eines kleinen Angestelltendaseins. Wissers namenloser Protagonist hat sich eingesponnen in eine technische Weltsicht, die Emotionen ausblendet und in der er Schönheit und Sinn nur dissoziativ erfährt. Der Vortrag widmet sich Wissers Schreibweisen eines unpersönlichen Lebens voller Sinnsurrogate, Banalitäten und profaner Ästhetik.
Johannes Waßmer, Prof. Dr., geb.1983., Studium der Neueren und Älteren deutschen Literatur und der Philosophie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seit 2020 »Specially Appointed Associate Professor« an der Osaka University/Japan; seit 2017 im Vorstand der Martin Buber-Gesellschaft. Publikationen u.a.: Die neuen Zeiten im Westen und das ästhetische Niemandsland. Phänomenologie der Beschleunigung und Metaphysik der Geschichte in den Westfront-Romanen des Ersten Weltkriegs (Rombach: litterae Bd. 237, 2018). Hg. des Heftschwerpunkts der Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft (65/1, 2020): »Werk-Zeuge. Der Werkbegriff zwischen den geisteswissenschaftlichen Disziplinen«. Veröffentlichungen und Herausgaben u.a. zu Literatur und Krieg, zu Literatur und Kultur der Moderne und zu Martin Buber. Derzeit Projekte zur »Präsenz von Zeichen«, zum Reisen und zur Ästhetik des Wartens.