Dopplergasse acht ist Daniel Wissers „Roman“-Debüt, ein „Roman in 45 Strophen“. Darin beobachtet der Erzähler die Geschehnisse im Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite durch sein Fenster. Er ist verliebt in Ingrid, deren Fenster gegenüber dem seinen liegt und gerät in große Aufregung, als sie eines Tages zwar ins Haus geht, aber lange nicht in ihrer Wohnung ankommt. In dieser Aufregung fantasiert er von einem möglich Verbrechen und springt gedanklich zu Geschichten aus seinem Leben sowie Geschichten aus der und über die Dopplergasse. Wisser hat laut Literaturkritik nicht nur eine „Liebeserklärung an seine Wohnstraße geschrieben, sondern auch ein Sittengemälde verfasst, wie es umfangreicheren Werken nicht gelungen ist“ (Hannes Luxbacher, Schreibkraft).
Doch kann dieser relativ kurze Text, er besteht aus 12.134 Wörtern, tatsächlich ein Gemälde sein, das die Sitten seiner Zeit darstellt? Aus welchen Elementen ist dieser Text zusammengesetzt, dass sich daraus möglicherweise ein Gemälde ergibt? Was sind die Themen dieses Textes und wie sind sie miteinander verbunden? In diesem Vortrag soll der literarische Text anhand statistischer Methoden und mithilfe von Textmining-Programmen analysiert werden. Dadurch können Themen aus häufig gemeinsam auftretenden Wörtern abgeleitet und dargestellt werden sowie deren Entwicklung im chronologischen Ablauf der Erzählung. Es wird gezeigt, wie sich die kleinsten Teile des Textes zu größeren Einheiten zusammensetzen. Damit wird einerseits ein Beitrag dazu geleistet, den Reiz dieses Textes zu verstehen, andererseits soll an diesem Beispiel gezeigt werden, wie digitale Hilfsmittel traditionelle literaturwissenschaftliche Methoden unterstützen können.
Erich Havranek, Sophia Universität