Clemens Setz hat für seine immerhin schon zahlreichen Texte alle Arten von „Kritik“ erfahren. Warum nicht noch eine aus literaturgeschichtlicher Sicht draufsetzen? Schwierigkeiten des Umgangs mit dieser Prosa (und darauf sei allein Bezug genommen) ergeben sich sicherlich aus der Einordnung: Die Erinnerung an die Spätromantik, an die schwarze Romantik eines E. T. A. Hoffmann kann dabei weiterhelfen. Nun ist Setz repräsentativer Autor des 21. Jahrhunderts, also wenn man schon den viel gescholtenen Begriff der Postmoderne traktieren will, jemand, der die Moderne weit hinter sich gelassen hat. Nimmt man aber die Ausschreibung des Seminars, so trifft viel auf Hoffmann zu: auch er Autor von spätfeudalistischen Befindlichkeitsfiguren mit eindeutig psychischen Desorientierungen, konfrontiert mit den ersten Auswirkungen einer audio-visuellen Medienwelt und ihren Unheimlichkeitseffekten, reagierend mit Karikaturen, Horrorgeschichten, pathologischen Konfigurationen etc. etc. In Setz’ Frequenzen zerbricht ähnlich der integrative Blick des Erzählers, zentral im Zersplittern des Badezimmerspiegels. Seine Bruchstücke sind die Bausteine der Erzählung, die von den beiden Erzählern ähnlich blind durch Frequenzen, also kreisförmige Wiederholungen zusammengesetzt werden wie in der Erzählung von Hoffmanns Nathanael, der auch vom traumatischen Verlust seines Vaters geprägt ist ….
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