Sabine Grubers Buch „Über Nacht” (2007) ist ein absolut geglücktes Beispiel eines Romans, in dem der der Eschatologie zugehörige Bereich des Todes und damit zusammenhängende Gedanken über das Schicksal, den Zufall und den Sinn des Lebens mit allen „literarisch” denkbaren Mitteln darzustellen versucht werden. Das Unsagbare, objektiv und logisch nicht Erklärbares wie Gefühle, Gedanken, existenzielle wie ethische Fragen werden durch die Fiktionalität der Literatur, wechselnde Erzählperspektiven, mehrschichtige Zeit- und Raumkonstruktionen u.a. für den Leser intuitiv erfahrbar gemacht.
Im Roman werden die Geschichten von Mira und Irma erzählt. Die zwei Protagonistinnen kennen einander nicht. Begonnen wird mit der Geschichte Miras in Ich-Form, danach folgt diejenige Irmas in der dritten Person. Es folgt ein stetiger Wechsel zwischen diesen beiden Perspektiven.
Mira arbeitet in Rom als Pflegerin in einem Altersheim und stirbt bei einem Autounfall. Irma wohnt in Wien, ist Dialysepatientin und wird eines Nachts während eines Albtraums angerufen: Sie bekomme eine neue Niere – und erhält so gleichsam „über Nacht” eine zweite Chance, ein zweites Leben.
Der Roman endet mit folgendem Gedanken von Irma: „Ich werde mir meine Tote erfinden. Ich muss ihr das Leben zurückgeben. (…) Mira, dachte Irma; sie tastete nach ihrem Transplantat. Ich nenne sie Mira.” Man erkennt am Ende des Romans, dass das Romanende eigentlich der Beginn der Geschichte sein sollte. Warum muss so erzählt werden? In meinem Referat wird die Notwendigkeit dieser Erzählstruktur im thematischen Zusammenhang auf verschiedenen Ebenen untersucht.
